Werner Schnelle
Der Salzburger Fotokünstler Werner Schnelle hat seine Arbeit der Reflexion des analogen fotografischen Prozesses gewidmet. Im Fokus seines Interesses stehen nicht die fotografierten Motive oder die fotografisch-dokumentarische Erkenntnis der Welt, sondern er untersucht in seinen Bildern vielmehr die Art und Weise, wie die fotografische Aufnahme und Aufzeichnung selbst vonstattengeht.
Er nutzt dazu ein breites Arsenal fotografischer Geräte, Techniken und Verfahren. Dazu gehört die Nutzung extrem großformatiger Studiokameras aber auch fotografische Techniken, die ohne Kameras auskommen und deren Bilder nur durch Belichtung in der Dunkelkammer auf Fotopapier entstehen, wie Fotogramme und Chemigramme. Sehr früh hat er auch die Möglichkeiten der Polaroid Fotografie untersucht, die ja lange vor der Erfindung der digitalen Fotografie den Anspruch auf zeitgleiche Aufnahme und Widergabe von Motiven erhoben hat. Neben diesem großen technischen Aufwand experimentierte Werner Schnelle aber auch ganz reduktionistisch mit Aufnahmeverfahren, die nur Fotopapier und Licht – ohne Verwendung von Fotochemikalien – zur Bilderzeugung nutzen.
In einer großen Werkgruppe von optischen Arbeiten, Lichtarbeiten und Lichtgrafiken steht das Licht als Essenz und Namensgeber für die Fotografie im Vordergrund. In diesen Bildern sind die abstrakte Formensprache des Lichtpendels oder zufällige Lichtbewegungen ebenso sichtbar, wie die vielfältigen Formen von Reflexion, Schattenwirkung und Filter. Die so entstandenen Bilder verweigern durch ihre Abstraktion jede inhaltliche Deutung und können als abstrakte Darstellung des Lichts in der analogen Fotografie gelesen werden.
Ein weiterer künstlerischer Ansatz von Werner Schnelle ist der Arbeit an unikalen Papier- und Filmnegativen (Negativ-Unikaten) gewidmet. Bei diesen Bildern wird in der Großbildkamera direkt analoges Fotopapier (gelegentlich auch Film) eingelegt und belichtet. Es entsteht ein großformatiges Negativ auf Papier, das ohne weitere Bearbeitung oder Kopiervorgänge, nach der Entwicklung direkt aus der Kamera in der Galerie ausgestellt wird. Wir sind als Betrachter unmittelbar mit der ersten Spur des Abbildes konfrontiert und können so auch die besondere ästhetische Qualität des Negativbildes erkennen. Die fotografierten Objekte und Landschaften treten uns in einer verwandelten Formensprache entgegen – neue Strukturen werden erkennbar, die umgekehrte Lichtverteilung weist auf Elemente hin, die wir in der Normalsicht nicht beachtet hätten.
Diese unikalen Film- und Papiernegative (Negativ-Unikate) thematisieren einen grundlegenden analogen fotografischen Vorgang, der in der digitalen Fotografie verschwunden ist. Vermutlich ist es dieser Verlust, der uns nach dem Siegeszug der digitalen Fotografie bewusst wird und den Werner Schnelle in dieser neuen Arbeit sichtbar und erlebbar macht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Werner Schnelle in seiner fotokünstlerischen Arbeit versucht, einen Beitrag zur Analyse des fotografischen Blicks zu leisten. Mit der Ablöse der analogen durch die digitale Fotografie bekommen diese Untersuchungen eine zusätzliche Aktualität, da ja viele fotografische Parameter bestehen bleiben, während sich andere verändern. Ein wesentlicher Aspekt, der sich in der digitalen Fotografie verändert hat, ist der Begriff des Unikats. Viele Arbeiten von Werner Schnelle sind Unikate in der engsten Bedeutung dieses Begriffs. Das heißt, keine zweite Aufnahme kann der ersten entsprechen; jedes Bild ist ein physisch einmalig. Damit stellt sich Werner Schnelles fotokünstlerische Arbeit gegen die vorherrschende Nutzung der Reproduktionsmöglichkeiten in der digitalen Fotografie, die mit immer besseren Kameras und weiter entwickelten Inkjet-Druckern heute den Galeriebetrieb dominieren.
Kurt Kaindl, Salzburg 2019
PUBLIKATIONEN
Werner Schnelle
UNIKATE ANALOGE FOTOARBEITEN
Edition Fotohof
2019
Der österreichische Fotograf Werner Schnelle beschäftigt sich seit langem mit den alternativen Möglichkeiten der fotografischen Bildproduktion in Form von Fotogrammen, Negativen Bildwiedergaben, solarisierten Arbeiten und Poloaroids. Seine Werkzeuge sind seine Kameras, die Dunkelkammer, Chemie, Fotopapier und Kreativität. Das Ergebnis sind unikate Bilder, die ohne die Nutzung von aufwendiger digitaler Software und Inkjet Drucker entstehen. Schnelle belichtet seine Bilder oft direkt auf Fotopapier in großformatigen Kameras die von ihm selbst per Hand in der Dunkelkammer entwickelt werden und sind eine Weiterführung der ersten derartigen Arbeiten von großen Fotografen aus 1920/1930 wie Man Ray und Laszlo Moholy-Nagy. Schnelles eigene Arbeit begann in den1970er Jahren und reichen bis in das frühe einundzwanzigste Jahrhundert. Seine intensive Auseinandersetzung mit dem Medium Fotografie führt zu spannenden Ergebnissen der Abstraktion des Bildes.
Werner Schnelle
PHOTOGRAPHS
Edition Fotohof - erschienen zur Ausstellung "Werner Schnelle - Fotokonzepte" im Museum der Moderne Salzburg
2009
Imagine pure form captured as light on paper – it’s almost indescribable, yet those are the photographs of Austrian photographer Werner Schnelle. In this book’s high-quality, large-format duplex prints, the viewer can appreciate the detail and subtlety of Schnelle’s contact prints and process engravings that conjure up the Bauhaus, Moholy-Nagy and the “Construct” movement in Europe. Insightful commentaries by Margit Zuckriegl and Kurt Kaindl provide an insight into a photographic approach which has been embraced by only a small group of fine art photographers.
Werner Schnelle
LIGHTWORKS 1999 - 2002
Eigenverlag, Text Margit Zuckriegl
2002
Werner Schnelle
MASCHINEN DER GESCHWINDIGKEIT
Grossformatige Polaroidarbeiten 1982 - 1986
Eigenverlag, Text Carl Aigner
1986
BERG UND TAL
Landschaftsdarstellungen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler
NÖART - Niederösterreichische Gesellschaft für Kunst und Kultur
2015
UOMINI ILLUSTRI / DONNE SUPERBE
Katalog zur Portraitausstellung im Österreichischen Kulturinstitut Belgrad
2013
FOTOGRAFIE KONKRET
Ritter Verlag
2006
Walter Koschatzky
DIE KUNST DER FOTOGRAFIE
Residenz Verlag